Die Überlieferung zum Ersten Weltkrieg im Wiener Kriegsarchiv
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Das Wiener
Kriegsarchiv hat zwei institutionelle Wurzeln. 1711 wurde auf Initiative des
Prinzen Eugen von Savoyen das „hofkriegsrätliche Kanzleiarchiv“ ins Leben
gerufen, 1801 auf Betreiben des Armeereformers Erzherzog Carl das eigentliche
k. k. Kriegsarchiv gegründet. Letzteres entwickelte sich im Laufe des
19. Jahrhunderts zum militärischen Zentralarchiv und zum Zentrum der Militärgeschichtsforschung
Österreich-Ungarns. Heute bildet das Kriegsarchiv eine der Abteilungen des 1945
errichteten Österreichischen Staatsarchivs.
Das Kriegsarchiv
verwahrt die Aktenbestände der militärischen Zentralstellen, Territorialkommanden
und Feldkanzleien der k. (u.) k. Armee sowie der k. (u.) k. Kriegsmarine bis
1918, dazu bis in die Gegenwart reichende Sammlungen an Nachlässen, Karten und Bildern.
Das Archiv umfasst in ca. 50 Regalfachkilometern und 22 Bestandsgruppen über
240.000 Archivalieneinheiten (Kartons, Faszikel, Geschäftsbücher), mehr als 600.000
Karten und Pläne sowie ca. 400.000 Bilder. Das Kriegsarchiv bietet der historischen
Forschung Unterlagen zur Geschichte der meisten europäischen Staaten,
insbesondere der Nachfolgestaaten der Donaumonarchie in Ostmitteleuropa, sowie
mehrer überseeischen Staaten und ist somit eines der bedeutendsten
Militärarchive des Kontinents.
Infolge der 1945 beim Heeresarchiv Potsdam eingetretenen
Aktenverluste verwahrt das Wiener Kriegsarchiv die zentrale militärische Überlieferung der ehemaligen Mittelmächte. Vom Gesamtbestand
des Kriegsarchivs (ca. 50 Regalfachkilometer) entfallen an die 20 Regalfachkilometer
auf die Zeit des Ersten Weltkrieges.
In den Beständen des Kriegsarchivs wird das
gesamte thematische Spektrum des
Weltkrieges abgedeckt. Es spannt sich von den an der Front entstandenen
Berichten der im Felde operierenden Truppenkörper und Verbände, der universellen
Thematik in den großen Registraturen der militärischen Zentralstellen und
Territorialkommanden bis hin zur Korrespondenz der Militärdiplomatie und den Unterlagen
zur militärbiographischen Forschung. Dabei handelt es sich bei manchen Bestandsgruppen
und Beständen um Größenordnungen von mehreren Tausend Aktenkartons.
Alle 22 Bestandsgruppen enthalten Archivalien
zur Geschichte des Ersten Weltkrieges und sind im Archivinformationssystem des
Österreichischen Staatsarchivs mit
Angaben über Art und Umfang des Archivgutes ausführlich beschrieben. Wir geben
daher an dieser Stelle lediglich kursorische Erläuterungen. Zudem folgen wir bei
der Reihung der Bestandsgruppen nicht der für das Kriegsarchiv festgelegten
Tektonik sondern der für den Ersten Weltkrieg gegebenen Relevanz. Die Reihung
innerhalb einer Bestandsgruppe ist jeweils: Bestandsgruppe – Bestand –
Teilbestand – Serie.
Feldakten – Armeeoberkommando (1914-1918):
Das k. u. k. Armeeoberkommando (AOK) war
die infolge des Kriegsausbruches 1914 eingerichtete Zentralstelle für die
„Armee im Felde“. Das AOK hatte aufgrund der mit Mobilisierung in Kraft
getretenen Ausnahmebestimmungen außergewöhnliche und weitreichende Befugnisse,
die über die der militärischen Ministerien weit hinausgingen und sich, da im
Laufe des Krieges immer weitere Teile Österreich-Ungarns der „Armee im Felde“ zugerechnet wurden, zunehmend
auch auf die Zivilbevölkerung erstreckten. Der
Bestand des AOK ist in 17 Teilbestände gegliedert:
1. Operationsabteilung
(OpAbt); 2. Detailabteilung (DetAbt, ab 1917 Präsidialabteilung); 3. Quartiermeisterabteilung
(QuAbt); 4. Evidenzbüro des Generalstabs und Nachrichtenabteilung des
Armeeoberkommandos (Evb/NA); 5. Gemeinsames Zentralnachweisbüro des Roten
Kreuzes (GZNB); 6. Feindpropaganda-Abwehrstelle;
7. Dolmetschschule 1918; 8. Kriegsgefangenenfürsorge (mit Rot-Kreuz-Missionen);
9. Kundschaftsakten diverser Dienststellen; 10. Bevollmächtigte
Generalstabsoffiziere und Verbindungsoffiziere (Bevollmächtigte); 11. Chef des
Feldtransportwesens (FEW) und Chef des Feldeisenbahnwesens; 12. Chef des
Feldtelegraphenwesens (FTW) und Generalfeldpostdirektor; 13. Ukraineabteilung
(mit Schwarzmeerstelle); 14. Chef des Luftfahrwesens (Luft); 15. Kriegspressequartier
(KPQ); 16. Parlamentarische Untersuchungskommission zur Erhebung militärischer
Pflichtverletzungen im Weltkrieg; 17. Kommando des Kriegsvermessungswesens
(KVw) und Kriegsmappierung.
Von besonderer Bedeutung
sind die Akten der Operationsabteilung (Lenkung
der militärischen Operationen) und die Quartiermeisterabteilung
(Organisation und Verwaltung im Felde, Unterbringung und Versorgung der Truppen). Die Quartiermeisterabteilung war auch für die Militärverwaltungen zuständig, die in den
besetzten Gebieten (Serbien, Montenegro, Russisch-Polen, Rumänien u.s.w.) eingerichtet
waren und dort auch „zivile“ Agenden wie Volkshygiene, Schul- und Verkehrswesen,
Land- und Forstwirtschaft zu übernehmen hatten.
Feldakten – Armeeoberkommando – Kriegspressequartier (1914-1918):
Das dem Armeeoberkommando zugeordnete Kriegspressequartier (KPQ) war die militärische Propagandazentrale Österreich-Ungarns für die Zeit des Weltkrieges. Der Aktenbestand ist nur unvollständig erhalten, jedoch unverzichtbar für Forschungen zu den Themenkreisen Propaganda und Zensur, öffentliche und veröffentliche Meinung (siehe auch: Bildersammlungen und audiovisuelle Sammlungen – Bildersammlung 1. Weltkrieg).
Feldakten – Armeeoberkommando – Gemeinsames Zentralnachweisbüro (1914-1918):
Im Gemeinsamen Zentralnachweisbüro des Roten Kreuzes (GZNB) erliegen Unterlagen zu Kriegsgefangenen und Kriegsgefangenlagern sowie Zensurunterlagen (siehe auch: Zentralstellen – Kriegsministerium – Kriegsüberwachungsamt (KÜA)).
Feldakten – Neue Feldakten (1914-1918):
Der über 20.000 Aktenkartons umfassende Bestand
der Neuen Feldakten (NFA) enthält die Unterlagen der im Felde operierenden Armee
von den Höheren Kommanden bis hin zu den Korps-, Divisions- und Brigadekommanden
der k. u. k. bewaffneten Macht. Die einzelnen Teilbestände enthalten
– analog zur Registratur des AOK – meist nicht nur operative Akten, sondern
auch Unterlagen zur Organisation und Verwaltung der Armee im Felde. Ein
Teilbestand der NFA betrifft auch „Deutsche, Osmanische, Polnische und
Ukrainische Formationen“.
Feldakten – Neue Feldakten – Gefechtsberichte und Umsturzberichte (1914-1919):
Der Teilbestand der Gefechtsberichte (1914-1918) und Umsturzberichte (1918-1919) ist eine Sonderlegung bzw. Sammlung aus den Akten diverser Kommanden der im Felde operierenden Armee.