Sammlungen und Quellen zum Ersten Weltkrieg in der Bibliothek für Zeitgeschichte
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Die Bibliothek für Zeitgeschichte ging hervor aus der
privaten Kriegssammlung des schwäbischen Industriellen Richard Franck; sie
wurde 1915 in Berlin gegründet und siedelte 1921 nach Stuttgart über. Die
„Weltkriegsbücherei“ zählte zu den wichtigsten Sammlungen zum Ersten Weltkrieg,
die ab 1914 in nahezu allen Krieg führenden Ländern entstanden. Seitdem hat
sich der Sammelauftrag wesentlich erweitert, weswegen die Einrichtung 1948 in
„Bibliothek für Zeitgeschichte“ (BfZ) umbenannt wurde. Seit 2000 ist die BfZ
als Abteilung in die Württembergische Landesbibliothek integriert.
Der Erste Weltkrieg bildet bis heute einen der
Themenschwerpunkte der BfZ. Von Beginn an zeichnete sich die Bibliothek durch
ein sehr breites Sammelspektrum aus. So wurden nicht nur Bücher, Zeitschriften
und Zeitungen, sondern auch Flugschriften, Maueranschläge, Bildplakate, Karten
und private Kriegsandenken aller Art erworben.
Ein Teil der umfangreichen Sammlungen ging bei einem
Bombenangriff im Jahr 1944 verloren. Durch Nachkäufe in der Nachkriegszeit wurde
versucht, diese Verluste weitgehend wieder zu ersetzen. Darüber hinaus gelang
es der Bibliothek, ihren Bestand durch bedeutende Neuerwerbungen wesentlich
auszubauen.
Bücher und Zeitschriften
Die ehemalige „Weltkriegsbücherei“ sammelte seit ihrer
Gründung 1915 sehr breit die Literatur zum Ersten Weltkrieg. Neben der politik-
und militärgeschichtlichen Literatur wurden die Erinnerungsliteratur der
Kriegsteilnehmer, religiöse Schriften, literarische Texte und sogar Kinder- und
Kochbücher angeschafft. Die Zeit des Weltkrieges sollte in allen Facetten
dokumentiert werden. Durch die internationalen Kontakte der Firma Franck konnte
auch ausländisches Schrifttum umfangreich erworben werden.
Die von 1915 bis 1933 beschaffte Literatur war von den
Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges kaum betroffen. Seit 1960 werden
die Buchbestände zum Ersten Weltkrieg wieder systematisch um die neu
erscheinende Literatur ergänzt. Aktuell führt die BfZ insgesamt ca. 380.000
Bücher und Zeitschriften. Die Bibliotheksbestände sind über die Kataloge der
Württembergischen Landesbibliothek recherchierbar (www.wlb-stuttgart.de/index.php?id=15).
Zeitungen
In großer Zahl entstanden während des Krieges - neben der
Fülle der bestehenden Tagespresse - neue Presseorgane wie Schützengrabenzeitungen,
Armeezeitungen, Lagerzeitungen, Nachrichtenblätter für die besetzten Gebiete,
Unterhaltungs- und Extrablätter. Allein über hundert neue Titel sind bekannt,
die von und für Soldaten produziert wurden. In der Sammlung der BfZ beziehen
sich über 200 Titel auf die Kriegsjahre.
Plakate
Die umfangreiche Plakatsammlung der „Weltkriegsbücherei“ –
es handelte sich um ca. 50.000 Blatt – ist im Zweiten Weltkrieg zerstört
worden. Durch den Ankauf einer größeren Sammlung und kontinuierliche
Ergänzungen umfasst die Sammlung der Plakate aus dem Ersten Weltkrieg heute
wieder über 1.200 Drucke. Den thematischen Schwerpunkt des Bestandes bilden die
deutschen Plakate. Neben den von namhaften Plakatkünstlern gestalteten Blättern
– zu nennen sind hier etwa die Werke Lucian Bernhards, Ludwig Hohlweins, Louis
Oppenheims oder von Julius Gipkens und Jenö Haranghy – enthält die Sammlung
auch zahlreiche Schriftplakate. Dazu zählen vor allem die Bekanntmachungen der
deutschen Militärbehörden in den besetzten Gebieten Frankreichs, Belgiens sowie
in Ost- und Südeuropa. Sämtliche Plakate zum Ersten Weltkrieg sind online
recherchierbar (http://avanti.wlb-stuttgart.de/bfz/wk1plakat/).
Flugblätter
Die Flugschriftensammlung der BfZ umfasst deutsche und
ausländische Flugblätter, Kleindruckschriften, Handzettel und Werbeprospekte. Seltene
Exemplare der Kriegspropaganda nahezu aller kriegführenden Staaten sind unter
den über 800 so genannten Fliegerabwurfblättern zu finden. Die Sammlung von Revolutionsschrifttum
weist über das unmittelbare Kriegsende hinaus.
Fotos
Die BfZ verfügt heute über mehrere Fotobestände, die insgesamt
mehr als 30.000 Einzelfotos und 80 Fotoalben zum Ersten Weltkrieg umfassen. Bei
den Fotos handelt es sich um Aufnahmen von kommerziellen Fotographen und
offiziellen Pressestellen, aber auch von Privatpersonen. Die Bestände internationaler
Provenienz sind über verschiedene Findmittel erschlossen. Den geografischen
Schwerpunkt der Fotosammlungen bilden Darstellungen von der Westfront.
Insbesondere das Jahr 1918 ist stark vertreten. Die Sammlungen enthalten jedoch
auch viele Fotos von der Ost- und Balkanfront. Zu den bedeutendsten Fotobeständen
der BfZ gehört das Marinearchiv, das insgesamt mehr als 500.000 Fotos von
Kriegs- und Handelsschiffen aus der Zeit von 1850 bis 1989 umfasst, darunter
zahlreiche aus dem Ersten Weltkrieg. Auch das sogenannte Zarenarchiv, eine 1964
erworbene Sammlung von Dokumenten aus der Zeit Nikolaus II., enthält zahlreiche
Fotos aus dem Weltkrieg.
Postkarten
Die ca. 2.500 Karten der systematisch geordneten Sammlung zeigen
vor allem Ansichten von den verschiedenen Kriegsschauplätzen. Teils handelt es
sich um Vorkriegsproduktionen der eroberten Gebiete, teils um Produkte der
Etappeneinrichtungen. Gesammelt wurden darüber hinaus deutsche und alliierte Propagandakarten
sowie die Werbekarten verschiedener Sammelaufrufe und Spendenaktionen. Auch in
der Lebensdokumentensammlung sowie in der Fotosammlung befinden sich zahlreiche
Postkarten.
Lebensdokumentensammlung
Die Lebensdokumentensammlung der BfZ archiviert
Erinnerungen, private Tagebücher und Briefe von deutschen und österreichischen,
zivilen und militärischen Kriegsteilnehmern des Ersten Weltkriegs. Gegenwärtig
umfasst die Sammlung 40.000 Feldpostbriefe und Briefe von und an
Kriegsgefangene aus dem Ersten Weltkrieg. Die Autoren stammen aus
unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, Regionen, Konfessionen und Alterskohorten.
Eine formale Erschließung in einer internen Datenbank erlaubt die Recherche
in einem Teil der Sammlung.
Karten
Die Kartensammlung der BfZ umfasst über 7.000 topographische
und militärische Karten sowie Stadtpläne. Den Schwerpunkt der Sammlung bilden
Karten aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Vorhanden sind populäre Ausgaben
von Karten zu den Kriegsschauplätzen insbesondere der Westfront, aber auch geheime
Ausgaben der militärischen Kartenstellen für den Dienstgebrauch. Insgesamt
handelt es sich aber um in der Nachkriegszeit aus Privatbesitz zugegangenes
Material und nicht um geschlossene Reihen von Lagekarten.
Rationierungskarten
Die Lebensmittel- und Rationierungskarten-Sammlung der BfZ
enthält mehr als 5.000 unterschiedliche Exemplare aus dem Ersten Weltkrieg. Die
Karten stammen aus verschiedensten Städten und Gemeinden des Deutschen Reichs
und des europäischen Auslands. Eine interne Datenbank weist den Bestand im
Einzelnen nach.
Themenportal Erster Weltkrieg
Aus Anlass des Weltkriegs-Gedenkjahres 2014 hat die BfZ ein
Themenportal Erster Weltkrieg
auf ihrer Homepage eingerichtet, das zentral auf die Aktivitäten der BfZ und
die digitalen Angebote aus den Sammlungen zum Ersten Weltkrieg hinweist.
Objekte aus den verschiedenen Materialgruppen wurden digitalisiert, um diese
online verfügbar zu machen und gleichzeitig auf die Sammlungen zu verweisen.
So bietet die BfZ z.B. 100 digitalisierte Bücher und
Broschüren aus der Zeit des Ersten Weltkrieges an. Über den
Datenbank-Ausschnitt „Erster Weltkrieg“ können Nutzer in der Plakat-Datenbank
gezielt nach sämtlichen Plakaten und Maueranschlägen zum Ersten Weltkrieg
suchen. Auch auf digitalisierte Feld- und Besatzungszeitungen ist hier der
Zugriff möglich. Digitalisierte und edierte Tagebücher und Feldpostbriefe verweisen
auf die Bestände der Lebensdokumentensammlung. Das Themenportal soll weiter
ausgebaut werden.
Um die Auffindbarkeit auf internationaler Ebene zu erhöhen,
ist zudem geplant, die Sondersammlungen der BfZ im Portal CENDARI
(Collaborative European Digital Archive Infrastructure) nachzuweisen.
Dr. Christian Westerhoff
Leiter der Bibliothek für Zeitgeschichte
Irina Renz
Leiterin der Sondersammlungen
(Stand 11/2013)