Preußen hat sehr früh eine organisierte, ständige (sowohl in
Friedens- wie in Kriegszeiten) Militärseelsorge für seine Armee eingerichtet.
Bis 1848 gab es nur eine protestantische Militärseelsorge. Erst mit
Kabinettsordre des Königs Friedrich Wilhelm IV. wurde auch für die katholischen
Soldaten der Preußischen Armee eine eigenständige, paritätische Militärseelsorge
eingerichtet.
Da zwischen der Militärseelsorge Preußens und derjenigen des
Deutschen Kaiserreiches, der Weimarer Republik, des sogen. Dritten Reiches und
der Bundesrepublik Deutschland keine institutionelle Kontinuität bestand, konnte
die Überlieferung nicht zentral gesichert werden, so dass der überwiegende Teil
wohl verloren gegangen ist. Zusätzlich erschwert wurde eine dauerhafte Aufbewahrung
von Schriftgut durch die Militärseelsorgeorganisation. Sie ist sowohl staatlich
als auch kirchlich. Es gab weder eine staatliche noch kirchliche Stelle, die mit
spezifischen Sach- und Fachkenntnissen für die Sicherung und Aufbewahrung
wichtiger Dokumente verantwortlich Sorge getragen hätte.
Seitdem es Militärseelsorge gibt, muss man folglich nach einzelnen
Quellen, die diese Militärseelsorge dokumentieren könnten, mühselig an
verschiedenen Stellen (in staatlichen und in kirchlichen Archiven) suchen.
Erst in der Zeit der Militärseelsorge für die Deutsche
Bundeswehr hat dieses Desiderat den Anstoß gegeben, für die Einrichtung eines
eigenen Archivs zur katholischen Militärseelsorge zu sorgen. Aufgrund der speziellen
Situation als sowohl staatliche wie auch kirchliche Einrichtung und aufgrund der
spezifischen Kenntnisse dieser „Mischbehörde“ kann am besten die
Militärseelsorge selbst die Überlieferung für die Zukunft sichern.
Neben der Überlieferungssicherung der Katholischen
Militärseelsorge seit 1956 galt es auch, die geretteten Aktenbestände der
Wehrmachtseelsorge dauerhaft zu sichern und fachlich betreuen zu können. So hat
der Katholische Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr, Dr. Franz
Hengsbach, Bischof von Essen, im Jahre 1977 verfügt, ein Archiv für die Katholische
Militärseelsorge einzurichten. Mit der Ernennung des ersten Archivars im April
1978 wurde das Archiv institutionalisiert.
Mittlerweile hat sich der ursprünglich mit der
Wehrmachtseelsorge beginnende Archivbestand um die wenigen Aktensplitter der
katholischen Feldpropstei für die Preußische Armee und Kaiserliche Marine
erweitert. Bis in die jüngste Zeit lagerten diese unbeachtet in den Räumlichkeiten
der St. Johannes-Basilika in Berlin, der ehemaligen Garnison- und Heereskirche
und Sitz des Katholischen Feldpropstes.
Die Katholische Militärseelsorge vor 1920/36 wird neben den
genannten Aktensplittern aus den Jahren 1906 bis 1923 durch Akten zur
Militärseelsorge in einzelnen Garnisonen bzw. Standorten und durch
Matrikelakten dokumentiert. Unter dem Matrikelschriftgut hat sich ein
handschriftliches Manuskript des Divisionsgeistlichen und späteren Lehrstuhlinhabers
für Neutestamentliche Exegese, Friedrich Wilhelm Maier (Breslau/München),
erhalten. Ergänzt wird dieser kleine Bestand durch Nachlasssplitter von
katholischen Feldgeistlichen der Preußischen Armee und die Baupläne der
katholischen Garnisonkirche St. Johannes Baptist in Berlin (1893-1903, Architekt:
August Menken).
Dr. Monica Sinderhauf
Leiterin des Archivs
(Stand: 01/2012)