Sammlungen aus dem Ersten Weltkrieg in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster
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Sammlung Weltkrieg
Die Sammlung Weltkrieg (ca. 5.000 Dokumente) enthält schwerpunktmäßig
Materialien zum Ersten Weltkrieg, zusätzlich finden sich aber auch
Dokumente aus der unmittelbaren Nachkriegszeit (Friedensvertrag von
Versailles 1919), zu den Freikorpskämpfen im Baltikum, den
Reichstagswahlen von 1924 ( Wahlplakate), außerdem wenige Materialien
zum Zweiten Weltkrieg.
Die meisten Dokumente sind deutschen und österreichischen Ursprungs,
aber es existiert auch eine dichte Überlieferung mit französischer sowie
(geringer an Umfang) englischer sowie US-Amerikanischer Provenienz.
Neben Büchern, Zeitschriften und Zeitungen (Kriegszeitungen,
Zeitungen von Armee-Einheiten, Lagerzeitungen) wurden Plakate und
Flugblätter mit Durchhalteparolen, Aufrufe zur Zeichnung von
Kriegsanleihen oder Spenden sowie Rekrutierungsaufrufe gesammelt. Des
Weiteren finden sich Karten, Erinnerungsblätter, Kalender,
Kriegsbilderbögen, Briefe, Briefkarten und Postkarten, außerdem (in
geringerem Umfang) Lebensmittelmarken und Notgeld. Alles Material
spiegelt die politische Situation im Ganzen sowie besonders das große
Leid der Beteiligten in dieser Epoche wider.
Einen erstaunlich großen Anteil nehmen künstlerische
Auseinandersetzungen mit dem Kriegsgeschehen ein, oftmals in
umfangreichen Folgen oder Serien. Dabei sind alle künstlerischen
Techniken in zum Teil bemerkenswerter Qualität vertreten. Meist sind es
Radierungen, wobei hier der Anteil französischer Radierungszyklen („Eaux
fortes“) sehr hoch ist.
An Künstlern sind unter anderem Andre Devambez, Fritz Gärtner, Louise
Ibels, Lucien Jonas, Fernand Truffaut oder Theophil Steinlen zu nennen.
Die Sammlung ist durch eine Findliste erschlossen.
Sammlung Kriegsberichte
Zur Sammlung
Die Sammlung Kriegsberichte geht auf eine Initiative des münsterischen Professors für Geschichtswissenschaft, Aloys Meister (1866–1925) zurück. Am 14. Juli 1915 wurde die Kriegsnachrichten-Sammelstelle des VII. Armeekorps eingerichtet. Sie reiht sich ein in die Bemühungen, die schon vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs bestanden, indem im Jahre 1911 ein Ministerialerlass die preußischen Universitätsbibliotheken sowie die Königliche Bibliothek in Berlin aufforderten, für ihren jeweiligen Bezirk Kriegsbriefe zu den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 zu sammeln.
Diese Anstrengung zur Sicherung von authentischen Zeugnissen in Form von Briefen erging auch 1915 wieder. Wie wichtig die Angelegenheit genommen wurde, belegt der Aufruf zur Sammlung von Feldzugsbriefen, Kriegstagebüchern und sonstigen schriftlichen Kriegsnachrichten des kommandierenden Generals des VII. Korps. Die Zusendung an die Sammelstelle konnte sogar portofrei mit der Aufschrift Heeressache erfolgen. Die Geschäftsstelle war am Historischen Seminar der Universität angesiedelt. Hier wurden die eingehenden Briefe auf Brauchbarkeit geprüft, danach wurden die wertlosen zurückgesandt, die besseren zum Abschreiben verteilt. Zwar konstatiert die Sammelstelle, dass in den Jahren 1915/16 auch sehr viele Briefe in gedruckten Editionen veröffentlicht worden sind, weist aber darauf hin, dass die Veröffentlichungen der Zensur unterliegen. Explizit sollten die Briefe der Sammelstelle (zunächst) nicht veröffentlicht werden, sondern als Kriegsarchiv dienen: Für unsere Sammlung dagegen handelt es sich allein um wissenschaftliche Ziele und deshalb soll ihre Verwertung erst längere Zeit nach dem Krieg in Frage kommen. (Quelle: UA Münster, Bestand 4, Nummer 1312)
Zur Einrichtung der Sammelstelle und zum Selbstverständnis vgl. die Stellungnahme des damaligen Leiters Aloys Meister: Die Kriegsnachrichten-Sammelstelle des VII. A.-K. an der Universität Münster (1915)
Die Sammlung enthält in 6 Kapseln ca. 600 Dokumente und ist in einer Findliste erschlossen.
Zum Initiator
Aloys Meister (1866–1925) lehrte seit 1899 als außerordentlicher Professor für mittelalterliche und neuere Geschichte an der Akademie Münster, seit 1903 als ordentlicher, etatmäßiger Ordinarius an der neu gegründeten Westfälischen Wilhelms-Universität, der er im akademischen Jahr 1911/1912 auch als Rektor vorstand. Von 1912 bis zu seinem Tode hatte er auch das Amt des Universitätsarchivars inne. Die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit lagen neben der Mittelalterlichen Geschichte, der Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte sowie den historischen Hilfswissenschaften auch im Bereich der westfälischen Geschichte (seit 1914 war er Vorsitzender der Historischen Kommission für Westfalen) sowie der Zeitungswissenschaften, wo er die Einrichtung des Zeitungswissenschaftlichen Instituts begründete und Zeitungen bzw. Publizistik generell als historische Quellengattung verstand. In diese Richtung zielten auch seine nicht immer frei von Polemik geschriebenen Veröffentlichungen Kabelkrieg und Lügenfeldzug (Münster 1914) sowie die Veröffentlichung Die deutsche Presse im Krieg und später (Münster 1916).
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Sammlung Kapuzinermission
Zur Sammlung Kapuzinermission
Die Universitäts- und Landesbibliothek Münster erhielt im Jahre 2010
und 2011 von der Deutschen Kapuzinerprovinz einen umfangreichen
Archivbestand als Depositum. Es handelt sich um die Unterlagen ihrer
Südseemission aus der Zeit von 1904 bis 1919 sowie ihrer Chinamission
1922 bis 1952.
Beide Sammlungen enthalten Materialien, welche nicht nur die
Missionstätigkeit in den besagten Zeiträumen in der Südsee (Karolinen
und Marianen) und in China dokumentieren, sondern gleichzeitig auch
einen Einblick in die damalige Welt der dortigen Völker, ihrer Sitten
und Gebräuche bieten.
Südseemission:
Die Kapuziner der Rheinisch-Westfälische Provinz übernahmen 1904 das
Gebiet der Ost- und Westkarolinen einschließlich der Palau-Inseln als
Apostolische Präfektur, nachdem dort seit 1886 spanische Kapuziner
missioniert hatten. 1907 übernahmen sie zusätzlich die Apostolische
Präfektur der Marianen, die seit 1665 von Jesuiten, seit 1767 von
Augustiner-Rekollekten betreut wurden. 1911 entstand aus beiden
Präfekturen ein Apostolisches Vikariat unter Leitung des Vikars und
Bischofs P. Salvator Walleser.
Nach dem Ende des I. Weltkrieges und somit auch dem Ende der
deutschen Kolonialherrschaft wurden alle Deutschen und auch alle
deutschen Kapuziner ausgewiesen. Einige gingen in ihre Heimat zurück.
Der überwiegende Teil jedoch widmete sich neuen missionarischen Aufgaben
in der Republik China.
Chinamission:
Im Jahre 1922 entstand in Kansu (Gansu) unter der Leitung von P.
Salvator Walleser eine neue Mission, die zu einem Apostolischen Vikariat
erhoben wurde.
In diesem Gebiet in Zentralchina, zwischen der Mongolei und der
Provinz Szechuan (Sichuan) am Oberlauf des Gelben Flusses gelegen,
lebten damals sechs Millionen Menschen. Die Missionsarbeit wurde durch
zahlreiche Widrigkeiten und Entbehrungen geprägt: Erdbeben,
Überschwemmungen, Seuchen, Gefechte rivalisierender Warlords sowie
Gefechte dieser Einheiten mit der Kuomintang.
Im September 1949 erfolgte die Eroberung der Provinz durch
kommunistische Truppen, im Oktober die Ausrufung der Volksrepublik
China. Zwischen 1949 und 1952 erfolgte dann schrittweise die Ausweisung
der Missionare als "unerwünschte Ausländer".
Die Sammlung
Zur Zeit enthält die Sammlung Kapuzinermission ca. 200
Dokumentenmappen mit Urkunden, Korrespondenzen (dienstlich und privat)
etc., dazu Bücher, unzählige Fotos, einige Fotoalben und auch viele
Glasplattenpositive (farbig und schwarz/weiß).
Eine Findliste ist vorhanden. Die Fotoalben, Fotos und Glasplatten werden in HANS katalogisiert.
Nachlass Walther Schücking
Walther Schücking war ein Enkel Levin Schückings (1814-1883), des
langjährigen Freundes der Annette von Droste Hülshoff. Er entstammte
einer Juristen- und Gelehrtenfamilie aus dem Münsterland. Im Anschluss
an das Studium der Staats- und Rechtswissenschaften lehrte er von 1902
bis 1920 an der Universität Marburg Staats-, Völker-, Kirchen- und
Verwaltungsrecht.
Nach Ausrufung der Weimarer Republik war Schücking als
DDP-Abgeordneter von 1919 bis 1928 Mitglied des Reichstages. Aufgrund
seines internationalen Rufes als Pazifist und Völkerrechtler gehörte er
1919 zu den sechs deutschen Hauptdelegierten bei den Versailler
Friedensverhandlungen. Er trat für den Völkerbundgedanken ein und war
maßgeblich an der Gründung der Deutschen Liga für Völkerbund beteiligt.
1930 wurde Schücking als erster Deutscher zum ständigen Richter am
Weltgerichtshof in Den Haag berufen. Trotz des Austrittes des Deutschen
Reiches aus dem Völkerbund 1933 und gegen den Willen der Nazi-Regierung
blieb er bis zu seinem Tod in diesem Amt.
Zum Nachlass
Der Nachlass Walther Schücking ist seit 1953 im Besitz der
Universitäts- und Landesbibliothek Münster und gilt als einer unserer
bedeutendsten Nachlässe des 20. Jahrhunderts.
Er umfasst 71 Kapseln mit Korrespondenzen, Manuskripten, Akten und biografischen Materialien, die per Findliste erschlossen sind.
Reinhard Feldmann
ULB Münster, Leiter des Dezernats Historische Bestände
Birgit Heitfeld-Rydzik
ULB Münster, Dezernat Historische Bestände
Veröffentlicht im Themenportal Erster Weltkrieg mit freundlicher Genehmigung des Dezernats für Historische Bestände der ULB Münster